Mein Handy klingelte.
Ich gähnte und schaute auf meinen Wecker. Sechs Uhr morgens!
Ich nahm den Anruf entgegen und brüllte ins Handy:
„Was?“ „Sue?“ Ich brüllte noch einmal:
„Wer?“
Aus dem Handy hörte ich eine leise Stimme. „Hier ist Luke.
Warum brüllst du denn so?“ Ich verdrehte die Augen. „Es ist sechs Uhr!“ „Echt?
Ich bin schon seit einer Ewigkeit auf.“ „Tatsächlich!?“, schnaufte ich in den
Hörer. „Und, was machst du gerade?“ „Ich liege im Bett.“, sagte ich mit
monotoner Stimme. „Also ich bin ja schon hell wach.“ „Das sagtest du bereits.“
„Ist es nicht ein schöner Tag?“, lachte er. „Luke?“ „Ja?“ „Warum… WARUM RUFST
DU AN?!“, keifte ich. „Nun beruhig dich mal!“, sagte er, „Ich wollte dir nur
sagen, dass die Freundin meiner Schwester noch mit uns fährt.“ „Uns wie heißt
sie?“ „Ähm… Katja Scheller.“ Ich riss meine Augen auf. „Okay“, sagte ich leise
und legte auf.
„Scheiße…“, murmelte ich.
Katja Scheller, war das schlampigste Mädchen unserer Schule.
Sie war hübsch. Hatte schon 16 Freunde, hatte jeden davon mindestens drei Mal
betrogen. Sie hatte große Augen und einen perfekten Körper! An ihrem ganzen
Körper war so viel Fett wie in meinem Kleinem Finger. Ich seufzte.
„Warum denn Katja Scheller?“, schluchzte ich.
„Dieses Miststück.“, hörte ich hinter mir. Ich sprang von
meinem Bett auf und schaute zum Türrahmen. Dort stand Nina, die ihre frisch
lackierten pinken Fingernägel trocknen ließ.
Sie takelte in rosa Plüschhausschuhen auf mein Bett zu und
setzte sich.
„Was willst du Nina?“, jammerte ich und warf mich neben sie
auf mein Bett.
„Ich will dir nur meine Geschichte erzählen.“ Ich verdrehte
die Augen. Nina fuhr fort: „Sie hat mir Kai ausgespannt! Diese… Argh!“ Ich
schaute die verstört an. „Katja ist 17 und du bist 12! Wie alt war denn bitte
Kai?!“
Nina lachte. „Er war 15, sie noch 16, aber ich war schon
13.“ Ich zuckte mit der Augenbraue.
„Ich hatte Kai gerade so überredet, dass ich viel schöner
sei, als so ne Tusse aus der Parallelklasse. Dann kam eine Woche später Katja.“
Nina biss sich aus die Lippe. „Sie meinte, er habe etwas Besseres verdient.
Oder eher, sie habe ihn verdient.“
Nina biss noch
stärker auf ihre Lippe. Ein paar Tränen kullerten über ihre Wangen. Dicke
schwarze. Sie verwischten ihr Make-Up und ich konnte ihre blasse Haut erkennen.
Normalerweise schmierte sie sich immer mit Selbstbräuner
ein. Ihr Gesicht ließ sie frei, kleisterte es nur mit Make-Up zu.
‚Tränen zeigen unser wahres Gesicht. Wenn man weint, nimmt
man seine perffekte Maske ab‘, dachte ich und strich mir eine Haarsträhne aus
dem Gesicht.
Ich umarmte Nina und gab ihr ein Küsschen auf ihr Ohr. Ich
drückte sie auf mein Bett und kramte ein Taschentuch aus der Kommode hervor.
Sie nahm es dankbar und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
Ich ließ mich neben sie aufs Bett fallen. Dann drehte ich
mich zu ihr und flüsterte: „Wir machen die Schlampe fertig.“
Nina stellte sich auf mein Bett und begann zu hüpfen.
„Genau! Nieder mit ihr!“ Ich begann mit zu hüpfen. Wir bewarfen uns mit den
Kissen und lachten.
Auf einmal riss meine Mutter die Tür auf. „Was tut ihr da?!
Wollt ihr euch jetzt etwa umbringen? Nina, geh sofort in dein Zimmer und pack
deine Reisetasche! Und wie siehst du überhaupt aus? Na los! Abschminken!“
Ich sprang schnell von meinem Bett und grinste meine Mutter
an. Die verdrehte die Augen und knallte die Tür wieder zu.
Mein Handy klingelte wieder. Luke.
Ich seufzte. ‚Okay, und jetzt mach einen auf beste Freundin
des Universums‘, dachte ich und meldete mich mit einem verführerischem:
„Hallo.“
„Ähm… Ist da Sue? Sue Borke? Ich… ähm…“ „Ja, hier ist Sue.“
„Ähm… Du hörst dich so anders an. Alles in Ordnung? Bist du vielleicht sauer
auf mich?“, fragte Luke. Es war seine
‚Ich-Liebe-dich-Und-Bitte-Sei-Nicht-Böse-Ich-Weiß-Nicht-Was-Ich-Getan-Habe‘-Stimme.
„Nein.“, sagte ich und stand von meinem Bett auf. Ich
stellte mein Handy auf Lautsprecher und legte es auf meinen Schreibtisch. Ich
streifte mir den rosa-Plüsch-Bademantel um undknotete ihn zu.
„Wirklich?“ „Ja, wirklich.“, beteuerte ich.
Es klingelte. „Warte mal. Ich muss kurz aufmachen.“, sagte
ich und trottete die Treppe hinunter.
Während ich die weiße Holztreppe mit dem blauem Teppich
drauf, hinunter schlurfte, sah ich Bilder vor meinem geistigem Auge. Luke mit
Katja am Strand, wie er sie eincremte. Luke und Katja im Wasser, wie sie sich
mit Wasser bespritzten. Luke und Katja auf der Verander des Ferienhauses, wie
er ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn gibt.
Es klingelte nochmal. Ich lief etwas schneller. Die Bilder
gingen nicht. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich stürzte die Treppe
wieder hinauf. „Mama! Mach mal bitte auf!“, schluchzte ich und rannte in mein
Zimmer.
Ich knallte die Tür zu und warf mich auf mein Bett. Ich
verkroch mich unter die Bettdecke und begann leise zu weinen. Ich spürte, dass
ich den Kampf um ihn verloren hatte. Jetzt schon. Katja war einfach viel
hübscher, sexyer, lustiger und besser als ich. Im Auto würde sie ihre hand auf
sein Bein legen und „zufällig“ an seiner Schulter einschlafen. Ich machte ein
komisches Geräusch. Eine Mischung aus Schreien und Weinen.
Dann klopfte es an meiner Tür. „Bleib draußen!“, schrie ich
und kroch noch mehr unter meine Bettdecke. Leise öffnete jemand die Tür und
setzte sich neben mich. Dieser jemand legte sich neben mich. „Nina, komm in
fünf Minuten zum Reden! Ich muss mit meinem verdammtem Leben klarkommen!“ Der
jemand krabbelte unter meine Decke und umarmte mich. ‚Was soll das?‘, wollte
ich schreien, aber ich bekam einen Kuss auf meinen Mund.
Luke guckte mich an. Er lag neben mir im Bett und schaute
mich an. „Was ist mit dir los?“, fragte er und strich durch mein Haar. Ich
setzte mich auf. „Nichts, ich hab nur Angst vor der langen Fahrt.“
Luke kroch, über das Bett, neben mich und schaute mich
wieder an.
Plötzlich öffnete meine Mutter die Tür. „Luke, dass geht übrigens
in Ordnung. Das ist sogar sehr gut, nur…“ Meine Mutter schaute mich an. Schaute
Luke an. Mich. Luke. Mich. Luke. Sie kniff die Augen zusammen. „Was läuft denn
hier?“ Luke warf die Decke weg. „Nichts Frau Borke!“, rief er und grinste dann
breit. Ich musste lachen. Meine Mutter kniff die Augen fester zusammen. „Wir
fahren gleich in den Urlaub! Keine Zeit für einen Quikie!“
Ich sprang auf und rannte zur Tür. „Mama! Jetzt ist der
Bogen überspannt! RAUS!“ Ich kanllte die Tür zu und setzte mich wieder aufs
Bett. Luke lachte, doch als er meine Mundwinkel sah, die wieder nach unten
wanderten, meinte er: „Ich weiß, dass was ist! Also sag.“ Ich drehte mich zu
ihm um.
„Ich habe dich nicht verdient.“, sagte ich und meine Augen
füllten sich wieder mit Tränen. „Nein.“, sagte er mit fester Stimme und nahm
meine Hand. „Diese… Diese Katja. Die Passt besser zu dir. Sie wird dich mir
wegnehmen.“ Er schaute mir in die Augen. Dann stand er auf und ging zur Tür. Er
drehte sich um und schaute mich an. Er schaute mich einfach nur an.
„Weißt du eigentlich wie hübsch du bist? Und wie sehr ich
dich…“ Er schockte und schaute auf den Boden. Dann setzte er sich neben mich
und schaute mir in die Augen. Ich bin total verliebt in dich und du bist das
hübscheste Mädchen, dass es gibt. Wow.
Wir sagten nichts. Plötzlich stand er auf und ging zur Tür.
„Ich muss noch die Sachen ins Auto bringen. Kommst du gleich runter? Zum
Frühstück.“ „Warum zum Auto?“ „Ich fahr mit euch. Wegen Katja und ihrem Freund.
Da hab ich mich bei euch einquartiert.“ „Okay.“, meinte ich kühl, obwohl in mir
ein Feuerwerk zündete. YEAH!
Katja hat einen Freund und Luke fährt bei uns mit. Ich
sprang durch mein Zimmer und stoppte vor meinem Schrank.
Ich öffnete ihn. Ich grübelte. Bequeme und Schick. Das war
so ein Mysterium. Noch nicht mal Anna Wintour (Chefin der amerikanischen Vogue)
könnte mir sagen, welches Kleidungstück total gut zum rumlümmeln war, indem ich
mich aber auch nicht vor meinem Freund blamieren würde.
Ich seufzte. Ich entschied mich für eine grau-melierte
Jogginghose, die kurz war, sie bedekte meinen Po, ein knallrotes Top, über das ich ein „I-♥-MY-BOYFRIEND“ Shirt zog und rote Sneakers von
H&M. Ein goldenes Kettchen, mit einem S dran, hang ich mir noch schnell um
und lief ins Bad.
Ich knotete meine Haare zu einem Dutt und schminkte mich
dezent. Sprühte mich mit Kims Chanel No. 5 Parfüm ein und lief die Treppe
runter.
Ich schnappte mir meinen Koffer für unterwegs und lief auf
die Straße. Ich schmiss den Koffer in unseren kleinen Bus und lief schnell in
die Küche.
Dort saß Luke und machte sich einen Kaffe. Aus dem alten
roten Radio schallte eins meiner lieblings Lieder. Free von Natalia Kills. Ich
setzte mich an den Küchentisch und nahm mir ein Croissant. Ich beschmierte es
mit Marmelade und Honig und begann es zu essen. Luke setzte sich gegenüber von
mir, auf einen alten Stuhl mit Schaffellbezug. Er schlürfte den Kaffe und
beobachte, wie ich mir das Croissant in die Backen stopfte.
Katja: